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Auflösung zum 1. Märchenrätsel

Aktualisiert: 27. Nov. 2020



Es war einmal ein Müller, der war arm, doch er hatte eine schöne Tochter. Eines Tages ritt der König an der Mühle vorbei. Um vor ihm anzugeben, begann der Müller zu lügen und behauptete: ,,Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen."


Der König rief: ,,Das höre ich gern. Wenn deine Tochter so geschickt ist, dann bringe sie morgen auf mein Schloss, dort will ich sie auf die Probe stellen."

Als nun das Mädchen am nächsten Tag zu ihm gebracht worden war, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh war, gab ihr ein Spinnrad und sprach: ,,Jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so musst du sterben!" Dann schloss er die Kammer von außen zu, und sie blieb allein zurück.


Da saß nun die arme Müllerstochter und wusste nicht ein noch aus. Nie hatte sie davon gehört, dass man Stroh zu Gold spinnen könne, und ihre Angst wurde immer größer, bis sie schließlich bitterlich zu weinen begann.

Da ging auf einmal die Tür auf, ein kleines Männchen trat herein und sprach: ,,Guten Abend, schönes Mädchen, warum weint du so sehr?"

,,Ach", antwortete das Mädchen, ,,ich soll Stroh zu Gold spinnen und kann es nicht."

Da fragte das Männchen: ,,Was gibst du mir, wenn ich es dir spinne?"

,,Mein Halsband", bot das Mädchen erleichtert an.

Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es die nächste auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll Gold. So arbeitete es die ganze Nacht, bis alles Stroh versponnen war und alle Spulen voller Gold.


Schon bei Sonnenaufgang kam der König, und als er das Gold erblickte, staunte er, aber sogleich wurde er gierig und wollte noch mehr davon.. Er ließ die Müllerstochter in eine andere, noch größere Kammer voll Stroh bringen und befahl ihr, auch dieses in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre.

Wieder wusste sich das Mädchen nicht zu helfen und weinte, da ging wie am Abend zuvor die Tür auf, das kleine Männchen erschien und fragte: ,,Was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?"

"Meinen Ring vom Finger", schluchzte das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, machte sich an die Arbeit und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen.

Der König freute sich über die Berge von Gold, hatte aber immer noch nicht genug, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch viel größere Kammer voll Stroh bringen und forderte: ,,Das musst du noch in dieser Nacht zu Gold spinnen. Wenn du es schaffst, werde ich dich heiraten."

Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum dritten Mal wieder und sprach: ,,Was gibst du mir, wenn ich dir noch dieses eine Mal das Stroh zu Gold spinne?"

,,Ich habe nichts mehr, das ich dir geben könnte", bedauerte das Mädchen.

,,So, so“, erwiderte das Männchen und wiegte bedächtig den Kopf. „Dann gib mir, wenn du Königin geworden bist, dein erstes Kind."

,,Wer weiß schon, was werden wird", dachte die Müllerstochter verzweifelt. Und da sie sich in ihrer Not nicht anders zu helfen wusste, versprach sie dem Männchen, was es verlangte.

Das Männchen spann noch einmal das Stroh und als am Morgen der König kam und die ganze große Kammer bis zu der Decke voll Gold sah, da heiratete er die Müllerstochter und sie wurde Königin.


Nach einem Jahr gebar die Königin ein Kind und dachte schon nicht mehr an das Männchen. Da trat es plötzlich in ihr Schlafzimmer, wo sie ihr Kind wiegte und forderte: ,,Nun gib mir, was du versprochen hast."

Die Königin erschrak und bot dem Männchen alle Schätze des Königreichs an, es solle ihr nur das Kind nicht wegnehmen, aber das Männchen sprach: ,,Nein, ein Kind ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“

Da weinte die Königin so sehr, dass das Männchen Mitleid mit ihr bekam und murmelte: ,,Drei Tage hast du Zeit, Frau Königin. Wenn du bis dahin meinen Namen weißt, darfst du dein Kind behalten."


Die ganze Nacht lang versuchte sich die Königin an alle Namen zu erinnern, die sie jemals gehört hatte und im Morgengrauen schickte sie einen Boten zu Pferde los, der sollte im ganzen Land nachfragen, was es noch für Namen gäbe.

Als am nächsten Tag das Männchen kam, fing sie an zu raten und begann mit: „Kaspar? Melchior? Balzer?“ und als das Männchen immer und immer verneinend den Kopf schüttelte, sagte sie hastig alle Namen auf, die sie kannte, aber bei jedem erwiderte das Männlein nur: ,,Nein, so heiße ich nicht, Frau Königin."

Am zweiten Tag ließ die Königin in der Nachbarschaft herumfragen, wie sich die Leute nannten und genannt wurden. Als das Männchen wiederkam, sagte sie ihm die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen auf: ,,Heißt du vielleicht Rippenbiest? Oder Hammelwade? Oder Schnürbein?"

Aber das Männchen antwortete wieder und wieder: ,,Nein, so heiße ich nicht, Frau Königin."


Am dritten Tag kehrte der Bote zurück und berichtete: ,,Neue Namen habe ich keine finden können, Frau Königin, aber als ich zu einem hohen Berg an der Waldecke kam, da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, sah ich ein kleines Haus. Vor dem Haus brannte ein lustiges Feuerchen und um das Feuer sprang ein kleines Männchen, das hüpfte auf einem Bein und sang laut:

„Heute backe ich, morgen braue ich,

übermorgen hole ich mir der Königin ihr Kind!

Ach, wie gut ist, dass niemand weiß,

Dass ich Rumpelstilzchen heiß'!"

Die Königin war froh und glücklich, als sie die Geschichte hörte, und als bald danach das Männlein in ihr Zimmer trat und sich erkundigte: ,,Nun, Frau Königin, weißt du nun endlich, wie ich heiße?" fragte sie erst: ,,Heißt du Kunz?"

,,Nein."

,,Heißt du Heinz?"

,,Nein."

,,Heißt du etwa Rumpelstilzchen?"

,,Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt!" schrie das Männlein zornig und trat mit dem rechten Fuß vor Zorn so fest auf die Erde, dass es zur Hälfte im Boden verschwand, dann packte es seinen linken Fuß mit beiden Händen und riss sich seiner Wut selbst in der Mitte auseinander.


Rumpelstilzchen - nach dem Märchen der Gebrüder Grimm erzählt von Diana Johanns

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